У вас отключен javascript! для корректной работы сайта включите javascript в вашем браузере

Complete

Works

Academic

Edition

MPI

Music

Production

International

Konzept der Ausgabe

Zum Grundkonzept der wissenschaftlichen Gesamtausgabe von Tschaikowski gehören die Ausgabegrundsätze, der wissenschaftliche Apparat basiert auf einer umfassenden Studie, die mehrere Generationen von wissenschaftlich-textkritischen Forschern des schöpferischen Erbes des Komponisten, sowie seiner kreativen Arbeitsmethode untersucht wurde. Dabei werden die Forschungsergebnisse der vergangenen Jahre zwar berücksichtigt, jedoch unterliegen sie einer Analyse und einem Umdenken unter Berücksichtigung der modernen wissenschaftlichen Forschung, einschließlich der Forschung von Geschichtstexten und der dazugehörigen Quellen, die für die einzelnen Werke des Komponisten in der Zusammensetzung des vorliegenden Projekts verwendet wurden. Der veröffentlichte Text der Werke von Tschaikowski (musikalische und literarische) ist das Ergebnis einer komplexen und umfassenden Untersuchung der erhaltenen Quellen. Die Aufgabe der wissenschaftlichen Redakteure ist es – jede Quelle so genau, wie möglich zu beschreiben und deren Inhalt, die Parameter, sowie alle verfügbaren Informationen darüber in Nachschlagewerken, Verlagskatalogen und Informationsressourcen umfassend zu analysieren.

Eines der wichtigsten Untersuchungsprobleme der geschichtlichen Schaffung und verfasster Publikationen von Tschaikowski noch während seines Lebens – ist eine unverzichtbare Präsenz von Informationen im Blickfeld wissenschaftlicher Redakteure über vermutlich existierende, jedoch zu unserer Zeit nicht gefundene Quellen.

Die grundlegende methodologische Position des Projekts sind die Objektivität und die dokumentierte Begründetheit bei der Betrachtung solcher Parameter wie z. B. die Datierung der Textquellen und die Festlegung ihrer chronologischen Reihenfolge. In jedem einzelnen Fall haben die Datierungsprobleme eigene Besonderheiten. In Bezug auf die Handschriften des Komponisten, autorisierte und nicht autorisierte, jedoch zu lebzeitigen Kopien und erhalten gebliebenen Abdrücken – sind sie für jede Art spezifisch. In diesen Fällen ist es wichtig nicht nur die Tatsache und die Entstehungszeit dieses Dokuments zu ermitteln und zu begründen, jedoch auch die weitere Arbeit des Komponisten argumentativ zu datieren. Die Arbeit eines wissenschaftlichen Redakteurs ist es also – alle Schichten der authentischen Korrektur, Ergänzungen zum Haupttext, die manchmal mehrere Jahre und in einigen Fällen sogar Jahrzehnte lang gemacht wurden, zu identifizieren.

Besondere Aufmerksamkeit wird dabei der Datierung der zu Lebzeiten erschienenen Ausgaben musikalischer Werke von Tschaikowski und der Attributierung zu dieser Zeit identifizierter Exemplaren gewidmet.

Wie bereits bekannt hatten die Notenausgaben im XIX Jahrhundert in Russland und Europa überwiegend keine Hinweise auf das Ausgabedatum. In Russland mussten nur musikalische Werke mit einem verbalen Text eine Zensurerlaubnis für eine Veröffentlichung, wonach das Stück datiert wurde, erhalten. Es sind jedoch einige Fälle bekannt, als bei nachfolgenden Ausgaben bestimmter Werke von Tschaikowski das Datum der Zensurerlaubnis wiederholt wurde, die publizierten Texte wurden dabei entweder geändert oder korrigiert. All diese Fälle – sind Gegenstand einer besonderen Aufmerksamkeit der wissenschaftlichen Redakteure.

Besondere Aufmerksamkeit wird den Angaben aus unterschiedlichen Nachschlagewerken der XIX—XX Jahrhunderte in Bezug auf die Erstellungsgeschichte der Tschaikowski Werke, des Ursprungs der Textvarianten, autorisierter Ausgaben, die zum wissenschaftlichen Gebrauch dazu zählen, geschenkt. All diese Informationen – sind Gegenstand einer sorgfältigen analytischen Untersuchung mit dem Ziel eine objektive Grundlage angegebener Informationen festzustellen und unbegründete Begründungen und reale Fakten voneinander zu trennen.

Das Ergebnis solcher Untersuchung wird eine dokumentarisch geprüfte Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tschaikowski Werks und eine chronologische Reihenfolge seiner Quellen. Darauf werden die wissenschaftlich-textkritische Kommentare des Notentextes aufgebaut.

Die Wiedergabe des Textes eines musikalischen oder literarischen Werkes des Komponisten basiert auf einem wissenschaftlichen Konzept, welches vom wissenschaftlichen Redakteur in Folge einer umfassenden Studie der oben aufgeführten Positionen ausgearbeitet wurde.

Das Bestreben einen Autorentext eines Musikstücks, welcher die Absicht des Komponisten in authentischer Form enthüllt, möglichst vollständig wiederzugeben, wird in der aktuellen Ausgabe mit einer strikten Einhaltung an das Schreibsystem von Tschaikowski seiner Werktexte umgesetzt. So werden zum Beispiel in den Partituren die Besonderheiten der Anordnung bei der Aufzeichnung von einzelnen Instrumenten des Autors aufbewahrt. Besondere Aufmerksamkeit wird der Übertragungsgenauigkeit in allen individuellen Details einer Musikfaktur, einer charakteristischen und spezifische Gruppierung, Anordnung von Akkorden, der Ausrichtung des Notenhalses, sowie der Position der dynamischen Anweisungen geschenkt. Sie gehören bei Tschaikowski oft nicht zur gesamten Vertikale, sondern nur zu einer einzelnen Stimme. Festgestellte Fehler, Druckfehler und Fehler des Autors (Schreibfehler) werden in den wichtigsten Quellen veröffentlichter Texte attributiert und die von wissenschaftlichen Redakteuren getroffene Entscheidungen bei der Wiedergabe – werden argumentiert vereinbart.

Die wissenschaftliche Gesamtausgabe von Tschaikowski berücksichtigt auch die praktische Erfahrung der Publikationen, die in den XIX—XX Jahrhunderten veröffentlicht wurden. Besondere Aufmerksamkeit wurde von den wissenschaftlichen Redakteuren den Ausgaben des Komponisten in Russland, den Ländern Europas und den USA geschenkt. Die Teilnahme von Tschaikowski in jedem einzelnen Fall wurde besonders sorgfältig und dokumentarisch argumentiert, wodurch man der „Bewegung des Textes in den Autorenhänden“ während seines ganzen schöpferischen Lebens und damit auch einer echten Liste von realen autorisierten Textquellen der Tschaikowski Werke nachgehen kann.

Als erstes in Russland veröffentlichtes Werk von Tschaikowski gilt die Romanze “Mezza notte” (komp. 1861—1862), die bei A. Leibrock in Sankt-Petersburg das Licht der Welt erblickte. Die Entstehungsgeschichte, sowie die Veröffentlichungsgeschichte der Romanze sind jedoch bis heute noch unklar. Später bestellte man bei Tschajkowski andere Werke, die unter N. M. Bernard und W. W. Bessel veröffentlicht wurden. In diesen Fällen ist es nicht immer bekannt worauf die Änderungen, die bereits in den veröffentlichten Texten vorgenommen worden sind, basierten. Es gelingt nicht immer festzustellen ob die Änderungen vom Komponisten selbst oder von jemandem aus der Redaktion des Verlags gemacht wurden. Denn schon in der ersten Auflage des Klavierstücks Komp. 37 „Die Jahreszeiten“ in der Zeitschrift „Nuvellist“ erschienen poetische Epigraphe und im Autograph des Komponisten wurden sie vermutlich vom Zeitschriftenredakteur und Bruder des Unternehmensgründers A. I. Bernard in den Stücken № 1 und № 31eingetragen.

Der Großteil der Tschaikowski Werke wurde von Peter Iwanowitsch Jurgenson veröffentlicht, deren geschäftliche und freundschaftliche Beziehungen noch im Jahr 1868 begannen und das ganze Leben lang anhielten. Doch auch in diesem Fall lassen sich nicht alle Änderungen des Autorentextes bei seinen Ausgaben und Neuauflagen und der Entstehung anderer Versionen dokumentarisch argumentieren. Dies betrifft auch die berühmtesten Werke, wie z. B. die Oper „Eugen Onegin“ “, Klavierstücke „Kinderalbum“, sowie Ballett- und Konzertstücke.

Im Ausland wurden die Tschaikowski Werke von D. Ratter (Hamburg und Leipzig), E. Bothe und G. Bok (Berlin), A. Fürster, F. Ris und H. Ehrler, R. Vorberg (Leipzig), F. Mackar (Paris), F. Mackar und A. Noel (Paris), W. Urbanek (Prag), H. Schirmer (New-York) veröffentlicht. Der Autorisierungsgrad der Tschaikowski Werke bzw. das Fehlen dieses Faktors in den ausländischen Ausgaben, die zu seinen Lebzeiten veröffentlicht wurden – wurde bis heute noch nicht erforscht. Deshalb werden diese Fragen auch im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Redakteure eines jeden Bandes dieses Projektes stehen.

Noch zu Lebzeiten des Komponisten veröffentlichte Jurgenson die ersten Bandauflagen der Tschaikowski Werke. Diese Ausgabe der Klavierwerke bestehend aus sieben Bänden, darunter die letzten drei – die nach seinem Tod veröffentlicht wurden, hat der Autor selbstverständlich nicht angesehen und auch nicht korrigiert, doch der Herausgeber lies Hinweise stehen, dass die Werke vom Autor angesehen und korrigiert wurden. So wurden die Bände auch im ХХ Jahrhundert, bis zum Jahr 1917 veröffentlicht. Ebenso veröffentlichte Jurgenson eine Sammlung der Romanzen von Tschaikowski: parallel in den ursprünglichen Tonarten (sechs Bände) und in den Transpositionen unterschiedlicher Stimmen. Hierbei wurde der Beteiligungsgrad des Komponisten bei der Redaktion ebenfalls nicht untersucht.

Die Ausgabe der nicht zu Lebzeiten von Tschaikowski veröffentlichter Werke, sowie Entwürfe, die von S. I. Tanejew und seiner Vermittlung wiederhergestellt wurden, wurde von M. P. Beljajew durchgeführt. In diesen Fällen stellt sich die Frage der Rollenbestimmung des Herausgebers und des Redakteurs bei der Wiedergabe des Autorentextes und seinen Ergänzungen auf der Grundlage von Entwürfen des Autors. Das Gesamtbild zeigt sich im Vergleich der vorhandenen Primärquellen im Prozess der wissenschaftlichen Redaktion. Bei abgeschlossenen, jedoch nicht zu Lebzeiten veröffentlichter Werke des Autors steht der Text von Tschaikowski an erster Stelle, alle anderen Textvarianten nach dem Tod veröffentlichter Werke werden als Vergleichsquellen beschrieben, da sie Versionen enthalten, die bereits in die Musikpraxis eingegangen sind. Bei Restaurierungsfällen unvollendeter Tschaikowski Werke wird als Hauptquelle der Text des Restaurators ausgewählt, der in allen Einzelheiten mit dem Entwurf des Komponisten verglichen werden kann. Dabei wird der Entwurf ausführlich im wissenschaftlich-textkritischen Kommentar beschrieben und bei Notwendigkeit als Faksimile wiederhergestellt.

Das Gesamtbild der zu Lebzeiten in Russland und im Ausland veröffentlichter Werke von Tschaikowski bleibt bis jetzt nicht immer klar und dokumentarisch nachgeprüft. Der Grund so einer Situation – ist das Fehlen im vollen Umfang und einer vollen Ausstattung nicht nur aller Muster der zu Lebzeiten des Komponisten veröffentlichter Werke, sondern auch der Handelskataloge der russischen und ausländischen Verlage der damaligen Zeit. Bei Werken, die mit Marken ausländischer Verlage veröffentlicht wurden, kann man nicht immer feststellen, ob sie tatsächlich veröffentlicht wurden oder man sie nur von Jurgenson für den Vertrieb bekommen hat oder sie von Brettern abgedruckt wurden, die wiederum ebenfalls von Jurgenson zur Verfügung gestellt wurden. Aber das wichtigste Problem ist die Feststellung einer Teilnahme oder Nichtteilnahme des Autors bei der Vorbereitung der Werke im Falle des Abdruckens von Brettern des Verlags von Jurgenson oder der Verbreitung von vorbereiteten und von Jurgenson in Russland veröffentlichten Tschaikowski Werke. Es gibt immer die Notwendigkeit in der Ermittlung aller Textabweichungen europäischer Ausgaben mit den Ausgaben, die von Jurgenson bei einer unmittelbaren Teilnahme des Komponisten veröffentlicht wurden.

Es gelingt auch nicht immer die ermittelten Exemplare mit einem großen Genauigkeitsgrad zu datieren und zwar nicht nur der veröffentlichten Werke der europäischen Verlage, sondern auch der russischen Verlage, darunter auch des Verlags von Jurgenson. Es gab Fälle, dass in den Werken die gleichen Bretter mit unterschiedlichen Texten und unterschiedlichen Ausgabedaten ausgestellt wurden. Oft trugen die Bretter der nach dem Tod veröffentlichter Werke von Tschaikowski die gleichen Nummern, wie die Bretter der ersten noch zu Lebzeiten veröffentlichter Ausgabe, obwohl die Texte bereits wesentlich von anderen Personen korrigiert worden waren. Dabei ist es nicht immer möglich die Namen der Redakteure, deren Arbeitszeiten an den Tschaikowski Werken festzustellen.

Der Zuverlässigkeitsgrad der Verlagskataloge des XIX Jahrhunderts, sowie deren Unvollständigkeit - ist ebenfalls ein Problem für den Erhalt eines Gesamtbildes des Komponisten. So sieht zum Beispiel die Situation mit den Katalogen des Hauptverlegers der Tschaikowski Werke von Jurgenson aus. Dies erklärt sich durch die Realität der russischen Geschichte, als nach 1917 der Archivbestand der einheimischen Verlage und deren Musikbibliotheken deutlich beschädigt wurden. Die Zerstörung eines wesentlichen Teils des Verlagsarchivs von Jurgenson im Jahr 1930 – ist ein unersetzlicher Verlust, der heute auch mit Hilfe von anderen Dokumentquellen noch nicht immer überwunden werden kann.

Im Zweiten Weltkrieg wurden die Archive vieler europäischer Verlage, die sogar Werke von Tschaikowski zu seinen Lebzeiten und in einigen Fällen auch unter seiner Teilnahme veröffentlichten beschädigt. In diesem Zusammenhang ist die Ausgabegeschichte des Werks und die Beteiligung des Autors – jedes mal ein wissenschaftliches Problem der Quellenkunde.

Wie die Praxis gezeigt hat, entsprechen die Angaben darüber, dass die veröffentlichten Tschaikowski Werke von ihm angesehen und bearbeitet wurden, nicht der Realität. Diese Situation wird durch das Fehlen von genauen Kenntnissen und Dokumenten, die das Vertragsverhältnis zwischen den Verlagen in Russland und Europa fixierten, sowie klaren Vorstellungen über die besonderen Beziehungen zwischen den Rechtseigentümern für die Ausgabe bestimmter Tschaikowski Werke, nur noch verschärft. Diese Probleme treten sogar in Bezug auf Jurgenson auf, der fast der einzige Rechtseigentümer der Tschaikowski Werke gewesen ist, der während seiner ganzen Lebenszeit eifersüchtig die Interessen von Tschaikowski bewahrte und half dabei, seine Werke nicht nur in Russland, sonder auch in Europa und den USA zu verbreiten.

Wie M. I. Tschaikowski bereits am Anfang des ХХ Jahrhunderts schrieb „von den zweihunderttausend eingravierter Bretter, die in einem feuerfesten Lagerraum seiner [Jurgenson] großen Musikaliendruckerei in Russland aufbewahrt werden, sind siebziegtausend und sogar etwas mehr den Werken von P. Tschaikowski gewidmet“.2 Jurgenson versorgte praktisch alle Ausführungen der sinfonischen Werke und Opern von Tschaikowski auch im Ausland mit dem Notenmaterial. Zum 25-jährigen Verlagsjubiläum von Jurgenson erschien ein Katalog mit den bis dahin veröffentlichten Werken. Ein Exemplar schenkte der Herausgeber Tschajkowski. Die Werkliste des Komponisten finden Sie auf S.155-159 in zwei Spalten von der 1 Oper (Zwei Klavierstücke) bis zur Oper „Pantöffelchen“, die gerade vom Komponisten abgeschlossen wurde3.

Im Archiv des Komponisten ist ein Verkaufsakt von Tschajkowski und Jurgenson von 37 seiner Werke vom 9. Februar 1881 erhalten geblieben: „Wir, die Unterzeichneten: Der Moskauer Kaufmann 1. Gilde Peter Iwanowitsch Jurgenson und der Musikkomponist und Hofrat Pjotr Iljitsch Tschaikowski schlossen folgende Bedingung ab: Ich, Tschaikowski habe ihm, Jurgenson meine nachfolgende [Werke] und die Transpositionen in sein volles und erbliches Eigentum <…> für alle Länder, für immer verkauft. In den vollen Besitz von Jurgenson für siebentausend Rubel unter der Tatsache, dass er sie in so vielen Ausgaben veröffentlichen kann, soviel er möchte und allen Nutzen verkaufen kann, mit der einzigen Bedingung, dass weder er, noch seine Erben eine anständige, öffentliche Ausführung den von mir an Jurgenson verkauften Werken behindern werden. Ich, Tschaikowski und meine Erben haben das Recht die oben erwähnten Werke nur in einer vollen Werksammlung von Tschaikowski, jedoch nicht anders, als unter Zustimmung von Jurgenson zu drucken. Nur Jurgenson hat als rechtmäßiger Eigentümer der oben erwähnten Werke das Recht auf eine Vertonung oder eine Ausrichtung auf irgendein Instrument oder Stimme. Der pensionierte Hofrat, Komponist Pjotr Iljitsch Tschaikowski, der Moskauer Kaufmann 1. Gilde, Peter Iwanowitsch Jurgenson. P. Tschaikowski erhielt siebentausend Rubel in Silber“4.

Bemerkenswert ist in dieser Hinsicht der Brief von Jurgenson an M. I. Tschaikowski, der ein Jahr nach dem Tod des Komponisten geschrieben wurde, in dem es um die Erklärung der aktuellen Situation mit den Ausgaberechten der Tschaikowski Werke außerhalb Russlands, sowie der Möglichkeit der Veröffentlichung der letzten Werke des Komponisten, die von S. I. Tanejew abgeschlossen oder restauriert wurden geht (Konzert № 3 für Klavier und Orchester , Improvisation für das Klavier „Lyrischer Moment“, Duett von Romeo und Julia für eine unrealisierte Oper auf das Motiv von W. Shakespeare):

„Moskau 28. September 1894.

Sehr geehrter Modestus Iljitsch!

Ich muss Ihnen die Gründe darlegen, wieso die nach dem Tode verfassten Werke von Pjotr Iljitsch nicht bis zu einer gewissen Frist veröffentlicht und verkauft werden können.

Im Ausland können wir das Ausgaberecht nur unter der Bedingung beibehalten, damit sie dort früher oder zumindest gleichzeitig veröffentlicht werden.

Fast 9 Monate lang stand ich mit großen deutschen Verlagen in Korrespondenz und erhielt sieben Ablehnungen. Letztendlich war ich gezwungen Rater zu beten zum Schein auf meine Kosten ein Verlag zu gründen. Dazu muss ich ihm formal das Eigentumsrecht für Deutschland übergeben. Er stellt mir jedoch unvorteilhafte Bedingungen (10 Pfennige = 4 anderthalb Kopeken pro Blatt), dass mir buchstäblich nicht mehr bleibt. Eine andere Möglichkeit gibt es jedoch bis jetzt nicht. Ich schreibe ihm heute und schlage eine Lieferung für 15 Pfennige pro Blatt vor.

Vor ein paar Tagen stimmte ein Londoner Unternehmen mir für Amerika und England die für Sie bekannten 4 Werke abzukaufen, wodurch die Veröffentlichung dieser Stücke wieder bis zur allgemeinen Frist, wann wir sie alle in den Verkauf schicken können, verschoben wird. - Das Schicksal des Konzertes steht noch nicht fest; möchte nicht wieder bei den deutschen Verlagen herwandern und werde deshalb Schäffer – Rater darum bitten zu meinem Vertreter zu werden. Dasselbe mit Novello in London.

Überschicke heute schnell an Sergei Iwanowitsch für die Korrektur.— ohne der Übersetzung erscheinen und vor allem brauchen wir den deutschen Text. Sobald ich den Abdruck habe, werde ich ihn für die Übersetzung an die Frau Esber zuschicken. Wie sieht es mit dem französischen Text aus?

Ein Klavierstück (improvisiert) auf den Markt zu bringen ist unbequem, deshalb sollte man sich mit Geduld wappnen. Wenn ein Konzert in einer Klaviervariante zum 22-en fertig sein wird, wird es nutzlos sein – denn man kann es nicht vorzeitig herausgeben und die ganze Sache für immer verderben. Ihr treuer P. Jurgenson“5.

Gemäß dem Urheberrecht des XIX Jahrhunderts in Europa, erhielt der Verleger mit dem Kauf eines Werkes bei eine Komponisten ausschließlich das Recht fünfzig Jahre lang in seinem Land, sowie einem anderen Land mit dem sein Land ein Übereinkommen über einen gegenseitigen Schutz der Urheberrechte unterzeichnet hat, das Werk zu veröffentlichen. Russland hatte so ein Abkommen mit keinem einzigen Land unterzeichnet, deshalb wurde die Notenproduktion russischer Verlage oft von den ausländischen Unternehmen nachgedruckt, genauso wie in Russland man den Nachdruck ausländischer Werke durchführte. Die Nachdrucke gaben den Verlagen die Möglichkeit Gewinne zu erhalten, ohne dabei Geld für die Urhebervergütung auszugeben.

Jurgenson versuchte illegale Nachdrucke von europäischen Verlagshäusern der Tschaikowski Werke zu verfolgen und diese zu verhindern, versuchte diesen Prozess gesetzmäßig zu klären. Manchmal bezahlte er sogar D. Rater und F. Makkar, damit ihre Verlagshäuser auf der Titelseite stehen, als Beweis dafür, dass die Veröffentlichung von einem europäischen Verlag ausgeübt wurde und somit dafür das europäische Urheberrecht geltend ist – dies bewahrte das Werk vor illegalen Nachdrucken. Deshalb war Jurgenson gezwungen einen Scheinverkauf der Tschaikowski Werke an die ausländischen Verlage abzuschließen. Über solch ein Geschäft mit dem Eigentümer eines deutschen Unternehmens D. Rater berichtete er dem Komponisten: „ Plagte mich in Sankt-Petersburg mit Rater herum <…> er [Rater] wird fiktiver Eigentümer deiner Sachen und wird sie in Deutschland auf meine Rechnung, jedoch unter ihrem Namen veröffentlichen. Dafür werde ich ihn bezahlen. Zumindest werden die neuen Sachen sicher vor den Fürstnern und Erlern sein6 . In einigen Fällen stellte sich heraus, dass auch andere europäische Verlage von Jurgens Brettern abdruckten und dabei Ihre Verlagshäuser angaben.

Somit ist das Wichtigste und Unverzichtbare für das vorliegende Verlagsprojekt eine wissenschaftliche Untersuchung der Geschichte eines jeden Tschaikowski Textes die Klarstellung aller Umstände seiner Veröffentlichungen zu Lebzeiten des Komponisten, darunter auch die Fragenklärung der Teilnahme des Autors an jeder solchen Publikation. Angesichts des unzureichenden Untersuchungsstandes der realen Praxis des Notenverlagsgeschäftes in Russland und der wissenschaftlichen Attributierung der Werke des XIX Jahrhunderts, wird für jedes in dieser Ausgabe veröffentlichtes Werk solch eine Untersuchung mit der Analyse aller möglichen modernen Informationsressourcen, einschließlich der Ressourcen RISM7, führenden Musik-Bibliotheken Russlands und der Welt, sowie Nachschlagewerke, wie zum Beispiel "Hofmeister XIX" durchgeführt werden8.

Die erste Gesamtausgabe der P. I. Tschaikowski Werke wurde im Jahr 1940 laut Verordnung des Rates der Volkskommissare der UdSSR vom 5. Mai 1940, am hundertsten Jahrestag der Geburt von Tschaikowski angefangen und im Jahr 1990 beendet. Dabei wurden zwei Prospekte herausgebracht: eins davon am Anfang der Ausgabe und der andere im Jahr – 1946. In den Prospekten wurde der Inhalt einzelner Bände verkündet, doch der realisierte Stoff unterscheidet sich teilweise von dem geplanten. Zum Beispiel wird in der Serie „Literarische Werke und Korrespondenz“ ein Band mit Gedichten, Texten der Romanzen und Chöre, Opern-Libretto, die von Tschaikowski geschrieben wurden, verkündet, jedoch nicht realisiert. Notizbücher und Tagebücher wurden ebenfalls nicht veröffentlicht. Musikwerke wurden in der Ausgabe zwischen 1940 und 1990 veröffentlicht und stellten insgesamt 63 Bände dar9.

Im Jahr 1993 wurde von zwei Verlagen - „Musik (Moskau) und „Schott“ (Mainz) – der Versuch unternommen eine neue Gesamtausgabe der Tschaikowski Werke zu veröffentlichen. Im Vergleich zu den bisherigen Gesamtausgaben sollten sie anders aufgebaut sein und das schöpferische Erbe des Komponisten vollständig darstellen. Die Durchnummerierung der Bände wurde nach Genren gegliedert und innerhalb jedes Genre wurde eine chronologische Reihenfolge eingehalten. Insgesamt wurden 12 Genre-Serien geplant. Zwischen 1993 und 2008 wurden fünf Bände veröffentlicht, doch das Projekt wurde nicht abgeschlossen10.

Die Grundlage des vorliegenden Projekts basiert auf der analytischen, begründeten Untersuchung der Textgeschichte eines jeden veröffentlichen Werkes von Tschaikowski, von den ersten Entwürfen bis zur letzten Variante des Autors, sowie aller zu Lebzeiten Ausgaben unter Beteiligung des Komponisten. In Folge werden die Hauptquelle und mit der Hauptquelle zu vergleichende Texte ausgewählt. In einigen Fällen werden Texte in der Ursprungsfassung eines Werke als eigenständige künstlerische Versionen publiziert. Bei Vorhandensein von mehreren Ursprungsfassungen und autorisierten Ausgaben, jede davon eine eigenständige künstlerische Bedeutung besitzt, werden sie vollständig wiedergegeben.

Alle verglichenen Quellen werden im wissenschaftlich-textkritischen Abschnitt eines jeden Bandes bei Erläuterung des publizierten Textes des musikalischen Werkes von Tschaikowski angegeben.

Alle Varianten und abweichende Lesearten im Notentext vergleichender Quellen mit früheren oder späteren Versionen, gemessen nach der Chronologie, werden im wissenschaftlich-textkritischen Abschnitt beschrieben. In besonders wichtigen oder schwierigen Fällen, auf die wissenschaftliche Redakteure besondere Aufmerksamkeit des Lesers lenken möchten, wird im Notentext der Ausgabe das «*» Zeichen gesetzt und unten auf der Seite darauf hingewiesen: „Siehe wissenschaftlich-textkritischen Abschnitt“.

Im Notentext bezieht sich das Zeichen «*» auf die Anmerkungen des Autors, die in dieser Ausgabe im unteren Seitenabschnitt mit „(Anm. des Aut.)“ angegeben werden. Bei den Handschriften des Komponisten befinden sie sich in der Regel innerhalb des Notentextes und sind am häufigsten an den Autographen von Tschaikowski zu sehen. Wegen einem Platzmangel beim Drucken können diese Anmerkungen des Autors nicht immer wie das handschriftliche Original dargestellt werden. Allerdings werden Sie immer in einer oder anderen Form in der Nähe des Notentextes mit dem Hinweis auf die Bezugsstelle angegeben. In den meisten Werksausgaben von Tschaikowski aus dem ХХ Jahrhundert wurden solche Anmerkungen nach unten gesetzt, was jedoch die Darlegung der Absicht des Autors deutlich verstößt und ändert.

Bei der Veröffentlichung von Texten der Tschaikowski Bühnenwerke werden in den Anhängen Szenarien, Ablaufpläne, Libretto, einschließlich die vorbereitenden, angegeben werden. In Fällen, wobei sie mit dem verbalen Text in der Partitur des Komponisten Abweichungen haben oder im Laufe der Aufführungsvorbereitung geändert wurden, werden entsprechende Varianten angegeben und im wissenschaftlich-textkritischen Abschnitt kommentiert. Dabei wird in diesem Projekt der verbale Text, der vom Komponisten in der Partitur fixiert wurde, als Grundlage in Bezug auf alle anderen Varianten angesehen.

Allen Tschaikowski Werken, wie musikalischen, als auch literarischen, werden ihre authentische musikalische und verbale Texte, sowie die Bezeichnungen und Widmungen wiedergegeben. In Fällen, in denen der Komponist seinen Werken Bezeichnungen in französischer und italienischer Sprache vergab, werden ihre Übersetzungen in die russische Sprache nach Varianten durchgeführt, die vom Komponisten autorisiert wurden (Autographen, lebzeitige Veröffentlichungen, die vom Autor angeschaut wurden). Eine Ausnahme bilden Bezeichnungen, deren wesentliche Sinn – eine Genre-Bezeichnung ist (zum Beispiel, Konzert, Symphonie u.a.). Sie werden in der russischen Sprache als allgemeingültige wiedergegeben. Doch in den Kommentaren wird ihre Schreibweise von Tschaikowski, wie auch in den Autographen dieses Werkes und in seinen zu Lebzeiten veröffentlichen und autorisierten Ausgaben angegeben.

Eines der Ziele dieses Projektes – ist die Wiederherstellung des Tschaikowski Erbes, um es von redaktionellen Eingriffen aller Art zu säubern, die sich unter dem Einfluss von verschiedenen historischen Umständen, darunter auch gesellschaftlich-politischen und Zensuren ansammelten. Doch das größte Problem von Tschaikowski Texten – sind Kürzungen, die der Autor selbst während seinen letzten Werken vorgenommen hat oder die in seiner Gegenwart und auch unter seiner Leitung gemacht wurden. Jedes man wurden sie unter besonderen Umständen vorgenommen worden, manchmal wurde man wegen spezifischen Bedingungen einer Aufführung oder einer konkreten Ausführung nach dem Wunsch des Solisten oder des Dirigenten gezwungen sie zu machen. In diesen Fällen weisen die Redakteure auf das Bestehen von vom Autor gemachten Kürzungen und behalten die ausgeschlossenen Stellen im veröffentlichten Text. Somit hat ein moderner Künstler die Möglichkeit den ganzen Ursprungstext oder die Variante mit den Kürzungen des Autors zu gebrauchen. Dabei hat er die Auswahlmöglichkeit und den analytischen Vergleich verschiedener Autorvarianten.

Eine andere Lösung wurde in Bezug auf dynamische Schattierungen, Striche, zusätzliche Tempobezeichnungen, die vom Komponisten während der Ausführung dieser Werke oder bei der Vorbereitung an sie vorgenommen hat. Diese werden mit der jeweiligen Erklärung und den Umständen ihrer Entstehung in der Regel zum Vergleich mit der Hauptquelle zum veröffentlichen Haupttext hinzugefügt. So machte es auch Tschaikowski, als er gerade verfasste Symphonien nach den Partitur-Autographen ausführte und dann all das, was er während der Proben und der Ausführung getan hat, eintrug. Diese Art von Ergänzungen trug er auch in die veröffentlichten Partituren eigener Werke ein und bereitete sich so an ihre Ausführungen vor. Oft handelte es sich dabei um Werke, die lange vor ihrer Ausführung unter der Leitung des Autors, verfasst wurden. Ihre Ergänzungen und Änderungen verlegte Tschaikowski in die späteren Ausgaben. Diesen Prozess hielt er als eine Korrektur seiner eigenen Werke, obwohl diese zuvor veröffentlicht wurden. Als Argument dieser textkritischen Stellung gelten einige Bemerkungen, die vom Komponisten in seinen Dirigent-Partituren der 1890 Jahre stehen gelassen wurden und von ihm in seinen nachfolgenden Ausgaben dieser Werke eingetragen wurden. Diese Fälle werden von uns als eine besondere Phase eines kreativen Prozesses wahrgenommen, der auch in einigen Exemplaren seiner Ausgaben fixiert wurde und in seiner persönlichen Bibliothek und in anderen Aufbewahrungsorten erhalten geblieben ist.

Eine nicht weniger wichtige Herausforderung für die wissenschaftliche Redaktion der Bände – ist die Identifizierung aller Evolutionsstufen des Autorentextes oder eines anderen Tschaikowski Werkes und die Auswahl von, nach dem künstlerischen Wert gesehen, selbständigen Ursprungsfassungen. Sie sind in einigen Fällen mit unterschiedlichen Interpretationen des Autors der Musik seiner bereits abgeschlossenen Werke verbunden, was der Grund für das Erscheinen von mehreren Varianten des Autorentextes geworden ist, die zeitlich voneinander getrennt wurden. Tschaikowski machte es kurz nach der Fertigstellung seiner Werke, bei der Vorbereitung des Werkes für die Ausgabe, bei der Korrektur, sowie während der Vorbereitung der ersten Ausführung, wenn es um symphonische und szenische Werke handelte. Sogar in den Fällen, als der Autor sich die Korrektur durchlas, stimmte der Text des veröffentlichen Werkes bei weitem nicht mehr dem Originalschriftstück überein. Denn Tschaikowski überprüfte den gravierten Text aus dem Gedächtnis heraus, ohne ihn dabei mit dem Original zu vergleichen. Somit entkamen natürlich einige Details seiner Aufmerksamkeit, weshalb einzelne Ungenauigkeiten der Gravur, die nicht vom Komponisten erkannt wurden und folglich ungewollt und deshalb formal von ihm autorisiert wurden, zu einer weiteren Variante seines Werkes. Außerdem trug Tschaikowski manchmal in den Text Änderungen ein, die seine neuen kreativen Absichten oder die in diesem Augenblick, unter dem Einfluss der Stimmung und des seelischen Zustands, andere Emotionen widerspiegelten. In ähnlicher Weise sind folgende Ausgaben zu Stande gekommen, weshalb der Text in Folge deutlich von dem aus dem Originalschriftstück abgewichen ist. Gutes Beispiel hierfür – ist die erste Ausgabe des berühmten „Kinderalbums“, indem nicht nur einige Textkomponenten geändert wurden, sondern auch die Reihenfolge der Stücke, was sich deutlich vom ursprünglichen Konzept des Autors unterscheidete.

Die Neufassungen der Ersten und der Zweiten Symphonie, Ouvertüren “Romeo und Julia“ und andere Werke entstanden wahrscheinlich mit den inneren kreativen Bedürfnissen des Autors. Die Entstehung wesentlicher Änderungen in der der Oper „Eugen Onegin“ ist mit der Aufführung der Oper auf der Bühne der kaiserlichen Theater (im Jahr 1880 in Moskau; im Jahr 1885 in St. Petersburg) verbunden. Neue Varianten erschienen auch bei der Vorbereitung von Tschaikowski an die Neuauflage seiner Werke nach einer großen Zeitspanne nach deren Erstellung. So fällt ihm zufällig im Jahr 1891 die Korrektur der Fantasie „Der Sturm“ in die Hände, die von A. I. Siloti vorbereitet wurde. Nach der Bekanntmachung mit der Korrektur schrieb ihn der Komponist folgendes: “In Moskau erhielt ich die von dir zugeschickten 2 Seiten der Partitur „Der Sturm“. Auf diesen 2 Seiten fand ich, zur meiner Überraschung, viele grobe Fehler. Wodurch dies passiert ist – ist mir unbewusst. Inzwischen stellte sich heraus, dass du sie drucken lies. Aus Angst forderte ich die ganze Partitur, die ich mir jetzt auch anschauen werde. Zusätzlich zu den Fehlern, von denen ich sehr wenig auf anderen Seiten finde, mache ich Änderungen in Form von Zeichen wie p, f, cresc. usw., werde die Metronomen ausstellen und werde es dann in Druck geben“11. Wenige Tage später schreibt er in einem Brief an Jurgenson: „Während meines Aufenthaltes in Moskau habe ich zufällig erfahren, dass eine Neuausgabe des „Sturms“ in Druck gegeben wurde, d.h. dass Siloti alle Korrekturen bereits durchgeführt hat und beschloss es zu drucken. Sicherheitshalber bat ich um den Vordruck. Gut, dass ich es gemacht habe!!! Wie kann man die 2 Auflage veröffentlichen, ohne sie vorher dem Autor zu zeigen und ohne ihn darüber zu benachrichtigen? Zum Ersten ist Siloti offensichtlich müde von den Korrekturen geworden und hat sich den „Sturm“ nicht besonders aufmerksam angeschaut. Zum Zweiten bedurfte ich an verschiedenen kleinen Änderungen und Kürzungen. Kurz gesagt, habe ich mich mit dieser Korrektur quälen und ärgern müssen, - doch „Der Sturm“ wird so veröffentlicht, wie es sich gehört“12.

Es sind zum Beispiel Klavierauszüge der Oper „Die Zauberin“ mit Dirigent-Bemerkungen des Komponisten13 erhalten geblieben, die in der Vorbereitungszeit der Premiere dieses Werks, welches wie bekannt Tschaikowski selbst dirigierte14, gemacht wurden. Hier waren Kürzungen, Tempoänderungen, Korrektur der Singstimmen und metrischer Nuancen vorgesehen. Die Partitur „Die Zauberin“ ist zum ersten Mal bereits nach dem Tode von Tschaikowski veröffentlicht worden. Als Hauptquelle wurde das Originalschriftstück der Partitur genommen, handschriftliche Kopie der Partitur, nach der der Komponist im Mariinski-Theater dirigierte, wurde nie berücksichtigt. Für die moderne wissenschaftlich-textkritische Veröffentlichung des Operntextes werden im aktuellen Projekt der akademischen Gesamtausgabe der Tschaikowski Werke alle zum heutigen Tag bekannten Quellen berücksichtigt: auch das Originalschriftstück der Opernpartitur, der Klavierauszug der Oper mit den Dirigent-Bemerkungen des Komponisten, auch die handschriftliche Partitur, nach der „Die Zauberin“ zum ersten mal unter Leitung des Autors ausgeführt wurde.

In Bezug auf autorisierte Transkriptionen von Tschaikowski-Dramen, sowie seiner Konzerte und Konzertstücken gibt es ein Problem einer ganz besonderer Art. Es besteht aus der Diskrepanz zwischen den Originaltexten und den nach irgendwelchen Parametern bearbeiteten Texten: eine wesentliche Diskrepanz gibt es in den Texten der Autorenpartituren und der Autorentranskriptionen in dynamischen Schattierungen, Strichen und manchmal der Tempoangaben. Hierfür gibt es mehrere Gründe. Einer der Gründe besteht darin, dass der Komponist oft gezwungen war nach Abschluss seiner Entwürfe Transkriptionen vorzunehmen, die praktisch sofort veröffentlicht wurde. Danach wurde auch die Vorbereitung der Ausführung dieser Werke durchgeführt. Die Partitur wurde nach den Transkriptionen erstellt, oft auch parallel bei der Vorbereitung für die Ausgabe der Transkriptionen. In dieser Phase der kreativen Arbeit des Komponisten konnten seine ursprünglichen Absichten sich entwickeln und sich ändern. In Fällen, wenn die Erstellung der Transkription zeitgemäß die Erstellung der Partitur überholte, wird es in gewisser Weise als eine frühere Textversion des Autors angesehen, vor der endgültigen, nämlich die Partitur und ihre weitere Bearbeitung vom Autor.

Doch für die Textabweichungen in den Partituren und den Autorentranskriptionen für das Klavier gab es auch andere Gründe. Die Traditionen des XIX Jahrhunderts – die Ausführung auf dem Klavier symphonischer Werke, sowie der Opern-und Ballettwerke – war wesentlicher Bestandteil des musikalischen Alltagslebens. Die Transkriptionen symphonischer Werke für das Klavier oder zwei Klaviere oder sogar einem Klavier und einer Solo-Violine, ein Violoncello, sowie Sänger, wurden in der Tat zu einer ganz anderen Instrumentierung des Werkes. Diejenigen Details, die für Instrumente des Symphonieorchesters natürlich waren, mussten bei einem Klavier eine ganz andere Art, andere Striche und dynamische Schattierungen haben. Die Parts der Soloinstrumente wurden bei den Autorentranskriptionen der Konzert-und Theaterstücke an den Strichen, dynamischen Schattierungen und sogar die Tempos, die sich manchmal deutlich von der Partitur unterscheiden, wurden korrigiert.

Es hat sogar Fälle gegeben, wobei es in den Klavierauszügen des Autors, die noch vor einem vollständigen Abschluss des Werkes gemacht wurden, der Komponist die Instrumente angab, die er plante in der Partitur zu verwendet, jedoch traf während der darauf folgenden Arbeit eine andere Entscheidung. In den Veröffentlichungen der Transkriptionen, einschließlich der nachfolgenden, wurden diese Textabweichungen der Partitur und des Klavierauszugs des Autors niemals von Tschaikowski korrigiert. Im Laufe der Zeit zahm die Lücke zwischen der Partitur und der Transkription des Autors nur zu. Nur gelegentlich, erst im ХХ Jahrhundert kennzeichneten die Herausgeber einige dieser Stellen, in vielen Fällen wurde solch eine Aufgabe nicht einmal gestellt. Zum Beispiel in der Gesamtausgabe der Tschaikowski Werke der Jahre 1940-1990 hatte die Partitur und der Klavierauszug der Oper „Pique Dame“ zahlreiche Diskrepanzen solcher Art, doch sie wurden nicht gekennzeichnet und auch nicht kommentiert, obwohl die Abweichungen in der Dynamik und den Strichen sogar die Arien der Hauptakteure der Oper betrafen, zu zwei unterschiedlichen gefühlsmäßigen Versionen einer Arie führte.

In dieser Ausgabe, unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Aufführungspraxis und der Oberheit der Partitur in ihr, sind wissenschaftliche Redakteure gezwungen Texte der Autorentranskriptionen in Übereinstimmung mit der Partitur anzugeben. Bei Veröffentlichung von Autorentranskriptionen oder autorisierter Transkriptionen der Bühnenwerke, Instrumentalkonzerte und der Konzertstücke von Tschaikowski werden die Solostücke vollständig die entsprechenden Parts in den Partituren dieser Werke wiederholen, alle Abweichungen werden im wissenschaftlich-textkritischen Abschnitt markiert werden. Diese Position wird es den Künstlern, Pädagogen und den Forschern bei Verwendung der Texte, die in diesem Projekt veröffentlicht werden, ermöglichen, ein Gesamtbild über die Textentwicklung der Solostücke in den Autorenquellen und autorisierten Quellen und beim Zugriff auf die Partituren und Transkriptionen identische Texte zu haben, die miteinander in allen Details übereinstimmen.

Eine ziemlich interessante und eine sehr wichtige Gruppenquelle der in diesem Projekt veröffentlichen Texte bilden Ausgaben der Werke, die von Tschaikowski in der ersten Phase seines schöpferischen Weges seiner Nachschulzeit, von 1865 bis 1877, also vor der Erstellung der Vierten Symphonie, als noch der Bildungsprozess seines individuellen kreativen Stils andauerte, erstellt wurden. Ihre Ausführung und Bearbeitung wurden vom Autor bereits in den Jahren zwischen 1880—1890 durchgeführt, also in der letzten Periode des kreativen Weges des Komponisten. Bei der Ausführungsvorbereitung seiner Werke, trug der Komponist nicht nur Bemerkungen in seine Partituren ein, verfeinerte und betonte damit einige Details, sondern änderte auch oft den Text des Werkes. In einigen Fällen gelang es Tschajkowski diese Varianten in die späteren Ausgaben einzutragen, manchmal aber war er gezwungen sich auf entsprechende Anmerkungen zu beschränken, die von Hand für diejenigen gemacht wurden, die in Zukunft seine Werke ausführen werden, die sich dabei an seine persönlichen Exemplare der Partituren wenden.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang das Exemplar der Partitur eines früheren symphonischen Werkes – die symphonische Phantasie „der Sturm“ nach W. Shakespeare15 vom 1873. Die Bemerkungen wurden vom Komponisten viele Jahre später durchgeführt. Es ist bekannt, dass der Autor den „Sturm“ fünf mal dirigierte. Die Bemerkungen in der Partitur beziehen sich an seine erste Ausführung, was durch das vom Komponisten angegebene Datum deutlich wird: „Alle Vermerke mit einem schwarzen Bleistift wurden von mir, dem Autor, am 17. Dezember 1888 gemacht. P. Tschaikowski“.

Offensichtlich erkannte der Komponist die Bedeutung aller Konkretisierungen und Änderungen, die er in dieser Partitur vornahm für die Zukunft und gab deshalb das Datum an und machte die entsprechenden Beschriftungen. Auf der S. 65 schrieb er: „All diese fff bei allen und sehr deutlich, scharf, grob, feroce. Hinweise für die zukünftigen Dirigenten bei uns in Moskau.17 Dez. 88“. Den Großteil der Änderungen „legitimierte“ Tschaikowski in der Neuauflage der Partitur vom 1891. Im Laufe der Zeit änderte sich die sematische Füllung des musikalischen Textes für den Komponisten, was quasi eine Fortsetzung eines kreativen Prozesses war. Für die aktuelle Ausgabe der Werke des Komponisten bilden die Fixierung und die Ausgabetechniken der Wiedergabe aller Änderungen des Autors während des gesamten kreativen Weges, um dem Interpreten die Möglichkeit zu geben heute die ganze Absicht des Autors zu spüren und zu erkennen, eine der wichtigsten wissenschaftlich-textkritischen Punkte.

_________________________

1 WMOМK (Russlandweite M. I. Glinka Museumsvereinigung der Musikkultur). F. 88, № 114.

2 Tschaikowski M. I. Das Leben von Pjotr Iljitsch Tschaikowski: in 3 Bd. M.; Leipzig, 1900—1902 / Bd. 1. 2-tе Ausg. М.; Leipzig, 1903. S. 215—216.

3 Ausgabenverzeichnis P. Jurgenson, eines Kommissionärs der Kaiserlichen Russischen Musikgesellschaft und des Konservatoriums in Moskau. М.: Art. P. Jurgenson, 1886. C. R. 13 Januar des Jahres 1886 Verwendet wurde das im Exemplar, welches im Besitz von Tschajkowski befand, im Ledereinband mit der Prägung „Dem Pjotr Iljitsch Tschaikowski“. GMSTSCH (Staatliches Tschaikowski Gedenk-Musikmuseum) , H1, № 423.

4 GMSTSCH (Staatliches Tschaikowski Gedenk-Musikmuseum), а12, № 13.

5 GMSTSCH (Staatliches Tschaikowski Gedenk-Musikmuseum), b10, № 7276.

6 Brief von Jurgenson an Tschaikowski vom 29. Januar 1880. GMSTSCH (Staatliches Tschaikowski Gedenk-Musikmuseum), а4, № 6124. Zum ersten mal veröffentlicht: Tschaikowski — Jurgenson. Briefverkehr. Bd. 1. / besteht aus wiss. Red. Von P. E. Vajdman М., 2011. S. 192.

7 http://opac.rism.info/index.php

8 http://www.hofmeister.rhul.ac.uk/2008/index.html

9 Tschaikowski P. I. Gesamtausgabe. Bd. 1—62. М., 1940—1971; Bd. 63. М., 1990. Tschaikowski P. I. Gesamtausgabe: Literarische Werke und Briefverkehr. Bd. II, III, V—XVII. М., 1953—1981.

10 Tschaikowski P. I. Gesamtausgabe. Bd. 39а, b, w. Bd. 69а, b. М.— Mainz. Musik — Schott. 1993—2008.

11 TSCHPSS. T. XVI-A. S. 135.

12 Auch dort. S. 145.

13 GMSTSCH (Staatliches Tschaikowski Gedenk-Musikmuseum), а1, № 164, 165.

14 Die Premiere der Oper „Die Zauberin“ fand am 20. Oktober 1887 im Mariinski-Theater unter der Leitung des Autors statt.

15 GMSTSCH (Staatliches Tschaikowski Gedenk-Musikmuseum), а1, № 173.